Christine Li – Abalone und das Tigergesicht
– Blogger schenken Lesefreude 2020 –
Meine Empfehlung zum UNESCO Welttag des Buches am 23. April 2020:
Christine Li, Abalone und das Tigergesicht
– Die Vorgeschichte der Saga –

Abalone und das Tigergesicht – Buchcover
Eine Hafenstadt im südlichen China im Jahr 310, Anfang Januar, kurz vor dem Neujahrsfest:
In Nanhai (heute Nähe Kanton) wächst das Mädchen Abalone heran und entdeckt, dass sie magische Fähigkeiten hat: Allein mit der Kraft ihrer Gedanken kann sie Feuer entzünden. Hinreißend, bezaubernd, verängstigend und gefährlich – alles zugleich!
Wir begleiten sie auf Abenteuern und lernen eine mutige, kritische junge Frau kennen. Mit einer unbändigen Neugier aufs Leben, viel Widerspruchsgeist in einem klugen Kopf und ausgestattet mit einem unerschütterlichen Gerechtigkeitssinn, dem sie bisweilen sogar das eigene Wohlergehen opfert.
Mit der jungen Abalone springen wir von hohen Felsen und tauchen in tiefe Wasser und besuchen mystische Phantasiewesen; wir klettern nachts auf dunkle Berge, treffen auf gruselig gefährliche Gestalten, lernen Freunde fürs Leben kennen und sehen der Liebe ins Auge – dann wieder erleben wir Verrat und Abschied, begegnen Gewalt und Machtmissbrauch.
Wir finden magische Dinge, stellen auch selbst welche her und lernen, dass der angemessene Gruß bei einer Begegnung zu jeder Tageszeit in China nicht lautet „Hallo, wie geht‘s?“, sondern „Hast du schon gegessen?“. Bis heute, übrigens.
Außerdem habe ich gelernt, dass eine kluge Frau ganz fest an gedämpfte Hefeklöße denken muss, wenn sie nicht will, dass andere Menschen ihre Gedanken lesen können.
Bei Abalone ist also alles wie im richtigen Leben, nur versetzt in die akribisch recherchierte und aus reichem eigenen Wissen gezeichnete Kulisse des alten Chinas.
Christine Li ist mit einer wunderbar lebendigen, von Herzen kommenden Phantasie voller faszinierter Bilder und magischer Zeichen gesegnet, deren Zauber ich mich als Leserin gerne hingegeben habe. (Nicht verwirren lassen davon, dass auch die Vorgeschichte eine Art Vorgeschichte hat. Das ist mein einziger Mäkelpunkt: die Saga spielt auf verschiedenen zeitlichen Ebenen, die mir nicht immer auf Anhieb deutlich wurden …)
Nicht nur Christine Lis Phantasie und bildhafte Sprache haben mich sehr gefesselt
Tief verborgen in Abalones mystischer Geschichte steckt ein echtes archaisches, sehr altes und lange verborgenes magisches Wissen, das jede von uns in sich wieder aufleben lassen kann. Auch Abalone muss es erst in sich selbst finden. Frauen sind nicht machtlos!
„Das Tigergesicht“ endet mit Abalones erster Monatsblutung. Der Übergang vom Mädchen zur Frau wurde im alten China nicht mit einer schamhaft weitergereichten Binde unter den Teppich gekehrt, sondern weithin sichtbar gefeiert mit dem Tragen einer ganz besonderen Frisur, die diesem bedeutungsvollen Moment im Leben einer Frau angemessen Ausdruck verlieh.
Eine Coming-of-Age-Geschichte für unabhängige Frauen mit eigenem Kopf, die ihren eigenen Weg gehen, weil sie ihn gehen MÜSSEN – ganz egal wie die Regeln lauten oder was andere dazu sagen.
Die junge Abalone ist ein literarisches Vorbild, wie ich es in meiner eigenen Kindheit und Jugend gerne gehabt hätte. In den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es so tolle Bücher leider nicht. Ich musste mich begnügen mit „Charakteren“ wie Nesthäkchen, Trotzkopf, Hanni & Nanni – die waren dressiert und zugerichtet und ein bisschen aufmüpfig aber bitte doch nicht zu sehr, bloß kein Sandkorn werden im Getriebe der Männer! Abalone ist anders.
Christine Li, Abalone und das Tigergesicht (ab 12 Jahre)
November 2019, ISBN 978-3944680040
eBook 5,99 €
Paperback ( 204 Seiten) 11,99 €
Weitere Stimmen zur Legende von Abalone findet ihr im Blog der Autorin Christine Li.
Dieser Beitrag ist eine überarbeitete Neuveröffentlichung von https://bfbm.jimdofree.com/2020/04/22/lesefreude-christine-li-abalone-und-das-tigersicht/