Birgit Jochens, Zwischen Ambition und Rebellion – Karrieren Berliner Kochbuchautorinnen
– Buchbesprechung und Verlosung –
Geht es euch auch so, dass ihr bestimmte Bücher nur an bestimmten Orten lesen könnt?
Manche Geschichten kann ich nur im Zug lesen. Oder am Strand. Andere wollen zur Kaffeezeit auf dem Balkon gelesen werden oder kurz vor Mitternacht im Bett.
Mit den ‚Berliner Kochbuchautorinnen‘ von Birgit Jochens sitze ich in meiner Küche am alten Küchentisch aus Tannenbaumholz – obwohl sich auf den 192 Seiten nicht mehr als 32 Kochrezepte finden.
Hier stellt Birgit Jochens uns die Lebens- und Wirkensgeschichten von zehn Frauen aus vier Jahrhunderten vor, ergänzt mit zahlreichen Fotos und Illustrationen.
Alle besprochenen Autorinnen haben im zu jeder Zeit männlich geprägten Bücher- und Verlagsgeschäft – als Akt der Selbstbehauptung – eigene Werke veröffentlicht, statt nur still am eigenen Herd ein bald vergessenes Buchstaben-Süppchen zu kochen.
In der Vorbereitung für diese Buchbesprechung habe ich mit der Autorin Birgit Jochens gesprochen. Die studierte Historikerin, Germanistin und Kunsthistorikerin war fast ein Vierteljahrhundert lang Leiterin des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf in Berlin.
Den charmant-informativen, wissenschaftlich fundierten Plauderton, den ich schon im Buch so sehr liebe, hat Birgit Jochens auch am Telefon. Freundlich erzählt sie, dass die Idee zum Buch bei einer Ausstellung historischer Kochbücher entstand, dass sie neugierig wurde auf die Frauen.
Mit detektivischem Spürsinn machte sie sich im In- und Ausland auf die Suche nach interessanten Aspekten in deren Lebensgeschichten. Ergänzt hat sie die Biografien um spannende Exkurse in die Kulturgeschichte der Küchen und des Kochens. Insgesamt, sagt sie, war sie (angesichts der Fülle an Informationen möchte ich schreiben: nur!) gut zwei Jahre damit beschäftigt.
Birgit Jochens berichtet so spannend von ihren nationalen und internationalen Entdeckungsreisen in die einzelnen Biografien, dass es mir vorkommt, als säße sie mir persönlich gegenüber, und – oh Wunder! – nach und nach kommen (in meiner Phantasie) alle zehn porträtierten Kochbuchautorinnen zur Tür herein, arrangieren sich kommod, schwatzen und lachen, erzählen und berichten. Wie im Märchen bleiben meine Teekanne und der große Teller mit Buttergebäck immer gut gefüllt, ich höre und staune und lache und rede mit.
Mein Darjeeling wird gelobt, und Birgit Jochens erzählt, dass man in früheren Jahrhunderten solch guten Tee gar nicht kriegte, weil die Teeblätter im Herkunftsland bereits einmal aufgegossen (und getrunken) wurden, anschließend getrocknet und erst dann als ‚beste Qualität‘ nach Europa verschifft wurde.
Nicht besser als heute wurden also schon im 18. oder 19. Jahrhundert Lebensmittel gestreckt und verfälscht, um mehr Profit daraus zu schlagen und die unersättliche Gier der Menschen nach ‚dem Besonderen – aber viel davon und billich!‘ befriedigen zu können (im Buch ab S. 58). Ich ergänze fröhlich, dass auch heutzutage noch viele Menschen ‚Geiz ist geil‘ als oberste Maxime leben; dass Organisationen wie ‚Stiftung Warentest‘ und ‚Verbraucherschutz‘ falsche Werbeversprechen und minderwertige Qualität aufdecken.
Die Erfolgsautorin Lilo Aureden (1912 – ?), von der ich ein Buch im Regal hüte (im alten Büro für besondere Maßnahmen / südwest habe ich ihr ‚Schön sein – schön bleiben‘ einmal vorgestellt), berichtet empört, dass ihre Texte immer wieder unerlaubt kopiert und an anderer Stelle veröffentlicht wurden – natürlich ohne weiteres Honorar (S. 148).
Beim Stichwort ‚Plagiat‘ rollen wir alle zustimmend mit den Augen und ich ergänze, dass sogar mein kleines Weblog immer wieder davon betroffen ist, dass ich meine Texte und Fotos ohne Quellenangabe (geschweige denn Tantiemen) unerlaubt an anderer Stelle wiederfinde.
Birgit Jochens übrigens hat das ganz famos gelöst: sie hat nämlich aus meinem Beitrag über Lilo Aureden sehr korrekt und obendrein höchst wohlwollend zitiert (S. 146/147) und mich nach Veröffentlichung ihres Werkes persönlich darauf hingewiesen.
Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr mich das gefreut und geehrt hat! Damit haben meine Werke eine neue Stufe erreicht: Ich schreibe nicht mehr nur selbst, sondern an anderer Stelle wird (auch) über meine Texte geschrieben. Die große Glückseligkeit jeder Autorin!
Darin schwelgen wir nun alle: Jede einzelne Kochbuchautorin wurde von Frau Jochens respekt- und liebevoll gewürdigt; ich habe selten ein so gehaltvolles, uneitles Buch gelesen. Wie soll ich diesem großen Werk mit einer Buchbesprechung gerecht werden?!
Ich mag weder die Autorinnen samt Daten und allem, was sie außer Kochbuchschreiben sonst noch so geleistet haben, einzeln auflisten – noch die Rezepte. Und auch nicht einfach Klappentext und Verlagsseite kopieren.
Jochens’ Buch steckt so voller Details, das kann ich nicht einfach nacherzählen – ich müsste es abschreiben! Was ja nicht Sinn der Sache wäre …
Also kapituliere ich vor dieser Fülle und lasse es sein. Viel lieber genieße ich die einmalige Situation, mit einem Dutzend Autorinnen ganz nah beieinander Tee zu trinken, Kekse zu knabbern, völlig ohne Corona-Angst und ohne Masken; wir schwatzen und lachen, wir kichern und gackern und fluchen – wie das eben so ist, wenn ein Haufen kluger Frauen beieinander hockt. Wie mich das nährt!
Für heute verabschiede ich mich daher mit einem fröhlichen „Bitte kauft und lest dieses Buch – ihr werdet es nicht bereuen! Das ist was fürs Leben und notfalls kann man sogar danach kochen!“
Zum Beispiel Ruth von Schüchings (1880 – 1965) wirklich originellen Höhepunkt für die kulinarische Junggesellin (Seite 137):
Bananensalat
(kalorienreich, enthält Vitamine)
Schneide die Bananen in dünne Scheiben und mariniere sie in Zitronensaft, damit sie hell bleiben. Dann vermische sie mit Aprikosenmark, bestreue sie mit feingeschnittenen Pistazien und träufle zuletzt etwas Tomatenpüree darüber
Verlosung
Birgit Jochens war so großherzig, mir ein Exemplar von „Zwischen Ambition und Rebellion – Karrieren Berliner Kochbuchautorinnen“ zum Verlosen zu schenken. Wer also das Buch gerne gewinnen möchte, vermerke dies bitte unter diesen Beitrag in einem Kommentar bis spätestens Freitag, 1. Juli 2022, 23:59 Uhr.
Es gibt weder eine Aufgabe zu lösen noch eine Bedingung zu erfüllen.
Achtung: Weil so viel Spam kommt, gebe ich jeden Kommentar einzeln frei und bitte um etwas Geduld. Das kann etwas dauern, bis er auf der Seite erscheint. Weil ich nicht ständig online bin. Hier wohnt kein Automat, sondern ein Mensch ;.)
Verlost wird unter allen Kommentaren nach dem Zufallsprinzip. Der oder die GewinnerIn wird hier bekannt gegeben und – sofern angegeben – zusätzlich per E‑Mail benachrichtigt. Bitte keine privaten Daten in den Kommentar schreiben. Auch ein Pseudonym ist ausreichend. Nur für den Versand benötige ich dann (nicht öffentlich) ‚die gültige Postanschrift‘.
Falls von der ausgelosten Gewinnerin innerhalb von 72 Stunden keine Rückmeldung kommt, wird unter den verbliebenen InteressentInnen neu ausgelost. Nach der erfolgreichen Zustellung werde ich alle mit der Verlosung erhobenen Daten löschen. Eure Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Allen anderen empfehle ich einen Kauf des Buches direkt beim Verlag oder bei der Buchhändlerin eures Vertrauens vor Ort:
Birgit Jochens
Zwischen Ambition und Rebellion – Karrieren Berliner Kochbuchautorinnen
Hardcover, 192 Seiten – mit 129 Illustrationen und 32 Rezepten
Verlag für Berlin und Brandenburg – vbb, 2021
ISBN 978-3-947215-88-1
25 Euro
ps.
Das Rezensionsexemplar für diese Buchbesprechung wurde mir vom Verlag für Berlin-Brandenburg – vbb kostenlos überlassen. Dafür ein herzliches Danke!
Es bekommt natürlich einen Ehrenplatz: In meiner Küche.
pps.
Zur Bekanntgabe der Gewinnerin bitte hier entlang: