Nana – CEC No. 7
– die neue Chief Executive Cat –
Nach Ginivras Tod in der Nacht zum 1. März wollte ich „eigentlich“ keine Katze mehr. Ein dreiviertel Jahr ist das schon her, neun Monate. Ihr Abschied hat mich so zerrissen, dass ich immer noch nicht darüber schreiben kann, ohne in Tränen zu ertrinken.
„Endlich wieder Reisefreiheit!“ – hatte ich trotz Trauer gejubelt. Seitdem ich im Nordosten lebe, gibt es niemanden mehr, dem ich mein Katztier anvertrauen konnte, wenn ich mal weg will. Oder ins Krankenhaus muss wie im vergangenen Sommer.
Auch darüber habe ich nicht schreiben können.
Also schreibe ich jetzt, wie einsam die Wohnung im knallharten DDR-Betonblock ohne Katze war. Dass mein Leben in der Diaspora ohne Katzenschnurren im Haus noch kälter war als das Klima hier ohnehin schon eisig ist.
Um mich zu trösten, hatte ich im Herbst angeboten, Urlaubskatzen zu hüten. Das hat gut funktioniert: Sie wurden hergebracht und wieder abgeholt. Eine kleine Weile lang hatte ich kätzische Gesellschaft. Das war so schön, dass die katzenfreie Einsamkeit danach nur noch unerträglicher wurde. Dennoch: ich wollte kein eigenes Tier mehr, wollte reisen! Wollte nicht mehr auf Jahre hinaus ununterbrochen verantwortlich sein müssen.
Doch dann habe ich es nicht mehr ausgehalten, mein Leben ohne Katze.
Heimlich nachts habe ich das Internet durchstöbert nach zu vermittelnden Katzen in der Nähe: „Nur mal gucken!“ … „Nicht ernsthaft?!“ … „Och all die süßen Katzenbabies, wieso will die keiner?!“ … „Auf keinen Fall ein Katzenbaby! Da bin ich früher tot als die Katze.“ … „Diese ist schon älter!“ … „Das ist ein Kater. Ein Mann kommt mir nicht ins Haus!“ … „Schau mal das Tigerkätzchen, kommt mit der Kollegin nicht klar und sucht seinen Herzensmensch!“ …
Tja. „Herzensmensch!“ Das war der Trick. Damit hatten die Besitzer mich an der Angel. Klar bin ich ein Katz’herzensmensch! Ich schrieb der Katze eine Bewerbung als ihr neues Personal. Erst mal gucken, dann mal sehen! Telefonierte mit dem Besitzer. Wenige Tage später konnte ich mir dabei zusehen, wie ich nach Rostock fuhr – „nur mal gucken“ – aber natürlich schon die Transporttasche dabei hatte. Adé Weltreise!
„Arme kleine Tigerkatze im Stress.“
Mit schlechtem Gewissen dachte ich an Kokoro, die allerzärtlichste Glückskatze von allen, die ich so sehr geliebt hatte und doch hergeben musste, weil die ältere Ginivra eine Diva war und sich nicht vertragen wollte; weil immer unterschwellige Aggression war zwischen den beiden und oft offen ausgetragene Dissonanzen.
Nun ging es also Nana ähnlich. Die ältere Katzkollegin wollte ihre Ruhe. Nana mochte das wohl nicht respektieren, wollte lieber spielen. Die Familie in Rostock hatte sie irgendwann im Treppenhaus gefunden, bei sich aufgenommen und trotz intensiver Suche nicht herausbekommen, wo sie herkam. Keiner weiß genau, wie alt Nana ist: vielleicht 2019 geboren, vielleicht aber auch schon älter. Den Namen haben sie ausgesucht im Gedanken an Nanna, die nordische Gottheit des Wagemuts.
Nana … Nanako … Nana-chan …
Nana – 七 im Japanischen – bedeutet sieben. Welch eine Koinzidenz! Das konnte doch kein Zufall sein?!
Nana ist die siebente Katze in meinem Leben – nach Zara, Mii-Zeh Maier, Mafia Cioccolata, Katzebutz, Ginivra und Kokoro. Alle waren schwarz oder schildpatt, Glückskatzen allesamt!
Nana ist eine Tigerkatze. Ein Tigerkätzchen im Jahr des Tigers, dachte ich, auch das: wie passend! Nana ist meine erste Tigerkatze – aber auch sie ist dreifarbig, wie ich später erfuhr: Sie hat einen roten Unterton im Fell. Die Tierärztin hat es mir erklärt – mit der Katzenfellfarbgenetik komme ich nicht so mit – dass Nana schildpatt getigert ist. Also doch: auch Nana ist eine Glückskatze! Wie könnte es anders sein?!
Willkommen also im Büro für besondere Maßnahmen, kleiner Glückstiger!
Es gibt viel zu tun.